Bei Forensic Architecture, einer Research Agentur unter dem Dach von Goldsmiths, University of London, forschen Architekten, Anwälte, Journalisten, Wissenschaftler, Designer und mehr an weltweiten Verstössen gegen die Menschenrechte. In über 10 Jahren recherchierten sie illegale Gefangenlager in Kamerun, untersuchten Polizistenmorde in Chicago, modellierten ein Gefängnis in Syrien anhand der akustischen Erinnerungen von ehemaligen Insassen, oder rekonstruierten digital den Brand des Grenfell Tower in London. An vorderster Stelle steht Eyal Weizman, ein Britisch-israelischer Architekt.
1970 in Haifa geboren, studierte Weizman an der Architectural Association in London. Im Anschluss erhielt er internationale Anerkennung für eine Ausstellung über die israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten. Die Ausstellung war wegweisend für Weizmans zukünftigen Projekte: sein Verständnis von Architektur als Form der Recherche und Beweislast, aber auch die Verweigerung, sich von Machthabenden ruhig stellen zu lassen.
Forensic Architecture haben seitdem eine Bandbreite an innovativen Techniken entwickelt, vom Lesen der ‘Fingerabdrücke’ von Rauchwolken nach Raketeneinschlägen, bis hin zu Algorithmen, die sich durch Tausende von Online Videos arbeiten. Die Ergebnisse werden vorwiegend an Gerichtshöfen und zu offiziellen Anhörungen verwendet. Sie werden aber auch regelmäßig in diversen Museen und Kunstausstellungen gezeigt – wie zum Beispiel ihr Projekt für die Whitney Biennial in New York, wo Forensic Architecture den Vize Präsident des Whitney Board als Besitzer von Safariland bloß stellten, einer Firma, die ihr Vermögen mit der Produktion von ‘less-lethal weapons’ verdient hat.
Mit mono.kultur sprach Eyal Weizman über die Bedeutung von Bruchteilen von Sekunden, Information als eine Form der Macht, und den Geruch von Tränengas.
Die Ausgabe platzt aus allen Nähten vor Inhalt, mit einem unserer längsten Interviews bislang, sowie Dutzende von Projekten von Forensic Architecture, ausführlichst beschrieben und bebildert.
Interview von Freya Marshall / Arbeiten von Forensic Architecture / Design von Hui Yeon Hwang